STIL/LEBEN: Ester Bruzkus.

Sie zählt zu den gefragtesten Innenarchitekt:innen Deutschlands. Ihre Arbeit begeisterte mich lange bevor ich Ihren Namen kannte: ESTER BRUZKUS. Ich erinnere mich genau, wie ich das erste Mal in einer ihrer Arbeiten stand – im Hotel Amano auf der Torstraße in Berlin – und dachte: „Wow, jetzt haben es die Deutschen endlich verstanden! Der Glamour ist zurück.“

 

Dabei ist der Glamour von ESTER BRUZKUS nicht puffig oder nur golden oder ein zu viel von Allem, sondern sinnliche Eleganz. Er ist ein Spiel aus Farben und verschiedenen Materialien wie Stein, Kupfer und Holz. Das Weiche und Feminine paart sich in ihrem Design mit geraden Linien. Das wirkt zeitlos und gibt den Menschen, die die Räume füllen, Raum zur Entfaltung.

 

In Haifa als Tochter russisch-jüdischer Auswanderer geboren, wächst ESTER BRUZKUS in Berlin-Charlottenburg auf. Sie studiert in Berlin und Paris Architektur, arbeitet für Massimiliano Fuksas in Paris und Zvi Hecker in Tel Aviv, bevor sie 2002 in der deutschen Hauptstadt ihr eigenes Büro gründet. (Seit 2016 ist Peter Greenberg Partner.)

 

Ihr Durchbruch: die Inneneinrichtung des besagten Hotel Amano im ehemaligen Ost-Berlin. Damals dachte niemand, dass Berliner in eine Hotelbar gehen würden – aber der Erfolg des Konzepts veränderte nicht nur den Stadtteil Berlin-Mitte, sondern führte zu weiteren Aufträgen für ESTER BRUZKUS in Berlin und im Ausland. Das Büro baute fünfzehn Hotels für die Marke Azimut in ganz Russland und realisierte viele exquisite und preisgekrönte private Wohnprojekte. Ihre eigenen zwei Wohnungen wurden vielfach publiziert und mit vielen Preisen ausgezeichnet. Und wer gerne essen geht, ist ESTER BRUZKUS sicher auch schon begegnet: Allein für Michelin-Koch TIM RAUE hat sie sechs Restaurants und Bars entworfen.

 

Ich freue mich sehr, ESTER in unserer Rubrik STIL/LEBEN begrüßen zu dürfen.

Ester Bruzkus

HAUS GLANZ: Wie ist Dein stilistischer und beruflicher Werdegang?

 

ESTER BRUZKUS: Eine gute, stringente Planung ist die Grundlage all meiner Projekte. Besonders in Paris habe ich den “plan libre” sowie die Regeln der richtigen Proportion studiert. Mein Stil wiederum kommt aus meiner Offenheit und der Gabe, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen und überall Inspiration zu finden. Filme, Bücher, beiläufige Gespräche, Kunst, Wolken, Schatten, Straßenecken, Werbung, Architektur, Wasser. Es geht immer darum, offen zu sein und die Welt zu sehen. Insbesondere geht es mir bei meiner Arbeit um Details und wie Materialien zusammen wirken.

 

 

HG: Wann hast Du die Leidenschaft für Räume entdeckt?

 

EB: Gefühlt ziemlich spät. Ich würde sagen, erst als ich angefangen habe, Architektur zu studieren. Auch wenn es für mich schon mit zwölf Jahren klar war, dass ich Architektur studieren werde, kam das große Raumerlebnis erst am ersten Tag meines Studiums bei einem Besuch der Neuen Nationalgalerie. Die kannte ich zwar schon von Kindheit an, aber aus den Augen eines Architekten habe ich sie erst am Anfang meines Studiums richtig gesehen und erlebt.

 

 

HG: Beschreibe Deinen Stil?

 

EB: Ich arbeite gerne mit klaren Linien, unterschiedlichen Materialien – und immer mit wieder mit Überraschungen. Ob minimalistisch oder opulent, matt oder glänzend, glatt oder rau, hart oder weich – Kontraste sind in meiner Arbeit wichtig.



ESTER BRUZKUS APARTMENT IN BERLIN.


HG: Von welchen Stil-Richtungen, von welchen Schulen wurdest Du beeinflusst? Magst Du das Bauhaus?

 

EB: Es sind eher einzelne Architekten und Designer wie Lina Bo Bardi, Eileen Gray, Alvar und Eino Aalto, Le Corbusier, Mies van der Rohe, Peter Behrens, India Mahdavi, Isay Weinfeld, Pierre Jeanneret und Charlotte Perriand.

 

 

HG: Gibt es etwas „Deutsches“ in Deinem Stil?

 

EB: Ich glaube, das ist meine Präzision und Klarheit.

 

 

HG: Wie unterscheidet sich Dein Bau-Stil von Deinem Modestil?

 

EB: Bei meinem „Bau- Stil“ geht es darum hinzuhören: Was will das Gebäude, was wünscht sich die Auftraggeberin, was verlangt das Programm, was möchten die Materialien… Wenn man aufmerksam hinhört, entwickelt sich ein ganz eigenes, maßgeschneidertes Projekt. Wahrscheinlich ist mein Modestil ähnlich zu meinen Entwurfsprinzipien: Minimalismus gepaart mit Opulenz. Zum Glück gibt es in der Mode mehr Raum für Fehlgriffe!


RESTAURANT REMI...

... und die Villa Kellermann in Potsdam. Entworfen von ESTER BRUZKUS & ihrem Team.


HG: Nenne bitte drei Gegenstände/Orte/Kunstwerke, die exemplarisch für Deinen Stil stehen?

 

EB: Für meinen Stil oder meine Inspiration? Meinen Stil kann ich so nicht beschreiben. Aber meine Inspirationsquellen: die Villa Mairea von Alvar und Aino Aalto, Donald Judds Skulpturen, das Cretto di Burri in Sizilien, das Sextantio in Matera, Stevie Wonder und Bach. Meine absolute Stilikone ist auf jeden Fall die italienische Designerin Rossana Orlandi.

 

 

HG: Wann und wie hast Du gemerkt, dass Du Geschmack hast?

 

EB: Als ich angefangen habe meine Barbies zu frisieren, zu schminken und anzuziehen. Das ist nicht immer gut ausgegangen…

 


"Meine Entwurfsprinzipien: Minimalismus gepaart mit Opulenz."

ESTER BRUZKUS

HG: Wie siehst Du die Stil-Lage der Nation? Wie wohnt und lebt der Deutsche?

 

EB: Sehr traurig. Hierzulande geht Praktisches und einfach zu Pflegendes vor. Dem Technischen wird mehr Bedeutung beigemessen als dem Schönen. Geld wird eher für gutes Ingenieurwesen ausgegeben. Design spielt dabei immer nur eine nachgeordnete Rolle.

 

 

HG: Nenne mir drei deutsche Brands, die man auf dem Schirm haben sollte?

 

EB: Llot Llov, Reuber Henning und Ina Beissner. Produkt, Teppich und Schmuck.



Teppiche von REUBER HENNING
Teppiche von REUBER HENNING
Schmuck von INA BEISSNER
Schmuck von INA BEISSNER
Produkte von LLOT LLOV
Produkte von LLOT LLOV


HG: Ist Stil eine Frage des Geldes?

 

EB: Nein.

 

 

HG: Hältst Du Stil für ein Talent?

 

EB: Nein. Ich glaube, es ist eher die richtige Bildung. In Deutschland mangelt es daran. Ich glaube, es liegt daran, dass hier die Wertschätzung für gutes Design fehlt. Kinder sollten meiner Ansicht nach bereits im Kindergarten die Prinzipien von Design und Kunst erlernen.

 

 

HG: Wo lässt Du Dich selbst gehen? Was sind Deine guilty pleasures?

 

EB: Ich liebe Essen! Ich respektiere Köchinnen und Köche und ich arbeite auch sehr gern für sie. Kochen ist wie Entwerfen: Es kommt letztlich auf die Komposition guter Zutaten an. Daher planen wir so gerne Restaurants für Chefs. Die verstehen, wie wir arbeiten und geben uns die nötige Freiheit. Am Ende kommt es auf die Ausgewogenheit an. Auch wenn ich persönlich keinen Zimt mag, würde ich in einem guten Restaurant immer der Köchin vertrauen, dass genau diese Zutat in genau dieses Gericht gehört. Das gleiche Vertrauen wünsche ich mir von meinen Auftraggeber*innen.


Ungewöhnliche Raumkonzepte nach BRUZKUS: THE GREEN BOX.



Abonnieren Sie unseren Newsletter für noch mehr Schönes aus Deutschland!

Bitte tragen Sie hier Ihre E-Mail-Adresse ein:

* indicates required